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Abgrenzung Arbeitnehmerüberlassung von Dienstleistung

Das BAG nahm in seinem Urteil vom 20.09.2016 (9 AZR 735/15) umfassend Stellung zu vertraglichen Inhalten, die einen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag von einem Dienstleistungsvertrag unterscheiden.


Der Entscheidung lag die Klage einer Arbeitnehmerin zugrunde, deren Vertragsarbeitgeber, die X-GmbH die Betreuung von Besuchern eines Museums übernommen hatte. Die Arbeitnehmerin der X-GmbH war regelmäßig im Museum eingesetzt und vertrat die Ansicht, zwischen ihr und dem Museum sei ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.
Sie begründete ihre Ansicht mit dem Inhalt des Vertrags zwischen der X-GmbH und dem Museum, wonach dieser als Arbeitnehmerüberlassungsvertrag einzuordnen sei. Da die X-GmbH über keine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung mehr verfüge, sei ein Arbeitsverhältnis zum Entleiher gesetzlich fingiert worden.

Bezeichnet war der Vertrag als Dienstleistungsvertrag. Inhaltlich räumte er jedoch den zuständigen Mitarbeitern des Museums das unbeschränkte Weisungsrecht gegenüber den Mitarbeitern der X-GmbH ein. So heißt es in den Urteilsgründen: „Dort ist ua. geregelt, dass der Besucherdienst der Beklagten den Gruppenkoordinatoren gegenüber weisungsbefugt ist (Anlage 1 zum Vertrag, „Aufgaben der Gruppenkoordinatoren“). Das der Beklagten eingeräumte Weisungsrecht ist in keinerlei Hinsicht, weder zeitlich noch sachlich, beschränkt. Die Übertragung eines umfassenden Weisungsrechts auf einen Dritten, im Streitfall die Beklagte, ist geradezu kennzeichnend für einen auf die Überlassung von Arbeitnehmern gerichteten Vertrag. Denn es ist die Einräumung dieses Weisungsrechts, das den Entleiher befähigt, einen Leiharbeitnehmer so einzusetzen, als stände dieser zu ihm in einer arbeitsvertraglichen Beziehung.“

Indiziell für eine Arbeitnehmerüberlassung spräche auch die Regelung im Vertrag zur Schulung des Personals der X-GmbH durch das Museum. Der Umstand, dass das erforderliche Fachwissen den eingesetzten Mitarbeitern durch das Museum und nicht durch die X-GmbH vermittelt wurde, das Museum überdies die Schulungskosten trug, legte das BAG als typische Konstellation einer Arbeitnehmerüberlassung aus. Üblicherweise falle dem Dienstnehmer die Aufgabe zu, sein Personal auf seine Kosten zu schulen.

Das Argument des Museums, die X-GmbH habe vertraglich die Haftung für ihre Leistung übernommen und sogar eine Haftpflichtversicherung hierfür abzuschließen gehabt, konnte nicht durchdringen. Nach Ansicht des BAG stehe es den Beteiligten eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags frei, die Haftung des Verleihers, der gesetzlich lediglich eine ordnungsgemäße Auswahl schulde, vertraglich zu erweitern. Von dieser vertraglichen Gestaltungsmöglichkeit haben die Beklagte und die X GmbH Gebrauch gemacht.

Das BAG machte deutlich, der Werkbesteller könne, wie sich aus § 645 Abs. 1 Satz 1 BGB ergibt, dem Werkunternehmer selbst oder dessen Erfüllungsgehilfen Anweisungen für die Ausführung des Werks erteilen. Entsprechendes gilt für Dienstverträge. Solche Dienst- oder Werkverträge werden vom AÜG nicht erfasst. Da jedoch vorliegend dem Museum vertraglich ein unbeschränktes Weisungsrechts eingeräumt wurde, bezog sich dieses daher nicht allein auf Anweisungen zur Ausführung des Werkes oder der Dienstleistung sondern auf alle Eventualitäten, was eben typischerweise für Arbeitnehmerüberlassung sei.

Die Umsetzung in der Praxis war in dem Fall nicht von Bedeutung, wenngleich die Ausführungen der Parteien hierzu, das gleiche Ergebnis nahelegten. Die regelmäßige Vorgehensweise bei Abgrenzung zweier Vertragstypen voneinander, zuerst den vertraglichen Inhalt und dann die Durchführung in der Praxis zu prüfen, führte hier bereits auf der ersten Stufe zu dem Ergebnis, dass es sich um Arbeitnehmerüberlassung handelt.

Dass das Museum vorsorglich ein etwaiges Arbeitsverhältnis mit der Klägerin gekündigt hatte, war daher anders als es noch das LAG gesehen hatte, durchaus relevant.
Das LAG hatte die Berufung zurückgewiesen und daher mehrere relevante Faktoren nicht festgestellt. Dies hatte es nun nachzuholen, da das BAG die Sache letztlich nicht für entscheidungsreif hielt sondern zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das LAG zurückverwies.

Quelle: BAG Entscheidungssammlung

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